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Wer bewilligt Forschungsprojekte mit Menschen?

Jedes Forschungsprojekt, das unter das Humanforschungsgesetz fällt, benötigt eine Bewilligung von einer unabhängigen kantonalen Ethikkommission. Diese überprüft insbesondere, ob der Schutz der Versuchsteilnehmer*innen gewährleistet ist, und nimmt eine Nutzen-Risiko-Abwägung vor. Bei gewissen Studienarten, insbesondere bei Versuchen mit neuen Arzneimitteln, braucht es zusätzlich eine Bewilligung des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic.

Alle Forschungsprojekte mit Menschen, die unter das Humanforschungsgesetz fallen, brauchen vor der Durchführung mindestens die Bewilligung einer kantonalen Ethikkommission. Diese muss prüfen, ob ein Gesuch die rechtlichen, wissenschaftlichen und ethischen Anforderungen für eine Bewilligung erfüllt [1]. Ethikkommissionen unterliegen der Aufsicht der einzelnen Kantone und werden auch von diesen finanziert, wobei mehrere Kantone eine gemeinsame Ethikkommission stellen können [2]. Zurzeit gibt es in der Schweiz sieben Ethikkommissionen [3].

Die Mitglieder der Ethikkommissionen müssen ihre Aufgaben unabhängig von Forschenden, Sponsoren und jeder weiteren unzulässigen Beeinflussung ausüben und deshalb auch ihre Interessenbindungen offenlegen [4]. Ihre Mitglieder müssen so zusammengesetzt sein, dass sie über genügend Fachkompetenz und Erfahrung verfügen, um eine korrekte Beurteilung mit Einbezug aller rechtlichen, wissenschaftlichen und ethischen Aspekte gewährleisten zu können [5].

Das Hauptziel einer Ethikkommission ist es, den Schutz der Versuchsteilnehmer*innen zu gewährleisten und die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an die Forschung mit Menschen gemäss Humanforschungsgesetz (HFG) sicherzustellen [6]. Zusätzlich wägt die Kommission zwischen dem erwartbaren Risko und Nutzen ab. Dazu berücksichtigt wird auf der einen Seite der zu erwartende Nutzen aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie der direkte medizinische Nutzen für die Teilnehmer*innen und auf der anderen Seite der Schutz der Gesundheit und die Interessen der Teilnehmer*innen (Risiko-Nutzen-Abwägung) [7]. Sind die gesetzlichen Auflagen nicht erfüllt, kann die Kommission den Antrag ablehnen, zusätzliche Auflagen machen oder mehr Informationen verlangen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Schutz der Teilnehmenden unzureichend ist, die Teilnehmerzahl ungenügend begründet wird, das statistische Auswertungskonzept Mängel aufweist oder die Informationsunterlagen zur Aufklärung der Patient*innen zu lang oder zu unverständlich formuliert sind [8]. Zudem hat die Ethikkommission jederzeit die Möglichkeit, einen Versuch zu unterbrechen oder eine Bewilligung zu widerrufen, wenn sie die Sicherheit oder die Gesundheit der teilnehmenden Personen für gefährdet erachtet [9].

Im Gegensatz zur Forschung am Menschen gemäss HFG ist die Bewilligung von wissenschaftlichen Studien mit Menschen ohne Gesundheitsbezug und ohne körperliche Einwirkungen bundesgesetzlich nicht geregelt. Universitäten haben jedoch oftmals eigene Ethikkommissionen, welche vorwiegend Forschungsprojekte mit Menschen in den Geistes- und Sozialwissenschaften begutachten.

Das ist ein Beitrag des Themendossiers «Forschung mit Menschen (FAQ)».

Hier geht es zur Dossierübersicht.

Referenzen

[1]

Art. 51 HFG, https://www.fedlex.admin.ch/el...; zu den Anforderungen an ein Gesuch siehe auch die Frage «Welche Voraussetzung muss ein Versuch mit Menschen erfüllen, damit er bewilligt wird?» im Reatch-Themendossier «Forschung mit Menschen (FAQ)».

[3]

Swissethics. Verzeichnis der Ethikkommissionen Schweiz. https://swissethics.ch/ethikko...

[8]

Dorothy Pfiffner (2016). Häufige Rückstellungsgründe, Bedingungen und Auflagen. https://www.ctu.unibe.ch/unibe...

[9]

kofam (2016). Humanforschungsgesetz und Ethikkommission für die Forschung. Faktenblatt der Koordinationsstelle Forschung am Menschen (kofam). https://www.kofam.ch/filemanag...

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Präsidium, Fundraising

Servan Grüninger ist Mitgründer und Präsident von Reatch. Er hat sein Studium mit Politikwissenschaften und Recht begonnen und mit Biostatistik und Computational Science abgeschlossen. Zurzeit doktoriert er am Institut für Mathematik der Universität Zürich in Biostatistik. Weitere Informationen: www.servangrueninger.ch.

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Team Entwicklung & Qualität und Dossierverantwortlicher "Verantwortungsvolle Tierversuche"

Jonas Füglistaler schloss einen Master in Biotechnologie an der ETH Zürich und einen zweiten in Biostatistik an der UZH ab. Seither arbeitet er im pharmazeutischen R&D im IT Bereich. Sein besonderes Interesse gilt neuen Erkenntnissen aus verschiedenen wissenschaftlichen Diziplinen, die zum Fortschritt der Medizin beitragen.

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Vize-Präsidium, Qualität & Entwicklung

Michaela Egli ist Doktorandin in Wissenschaftsphilosophie und Philosophie der Medizin an der Universtität Genf und arbeitet beim Swiss Personalized Health Network als Projektmanagerin für Ethical Legal Social Issues (ELSI).

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