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Welche Rolle spielen Menschen als Versuchsteilnehmer*innen in der Wissenschaft?

Die Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften führen eine Vielzahl von Forschungsprojekten durch, an denen Menschen als Versuchsteilnehmer*innen beteiligt sind. Ziel ist es, mit wissenschaftlichen Methoden körperliche oder geistige Eigenschaften des Menschen sowie soziale und kulturelle Phänomene systematisch zu untersuchen. Studiendesigns reichen von Medikamentenstudien bis zu verhaltensökonomischen Umfragen. Studien mit Menschen als Versuchsteilnehmer*innen haben eine grosse Bedeutung für die Humanforschung, da die Erkenntnisse solcher Untersuchungen nicht anders gewonnen werden können. Dies ist auch rechtlich so festgehalten: Forschung mit Menschen ist nur dann erlaubt, falls andere Methoden nicht zum gleichen Ergebnis kommen können.

Menschliche Studienteilnehmer*innen spielen in der wissenschaftlichen Forschung eine grosse Rolle - nicht nur in der Medizin und der Biologie, sondern auch in der Psychologie, den Sportwissenschaften, der Verhaltensökonomie, den Kommunikationswissenschaften und vielen weiteren natur-, sozial- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen. Ziel ist es in allen Fällen, mit wissenschaftlichen Methoden etwas über den Menschen herauszufinden, zum Beispiel seinen Körper, seine Psyche, sein Denken, seine Meinungen, sein Verhalten, seine Kultur oder sein soziales Gefüge.

So werden Menschen beispielsweise in der biomedizinischen Grundlagenforschung mit bildgebenden Verfahren untersucht, um die Funktionsweise des Gehirns oder anderer Organe zu verstehen. Menschen nehmen auch an Medikamentenstudien teil, damit deren Sicherheit und Wirksamkeit getestet werden kann. Darüber hinaus sind sie Teil psychologischer und verhaltensökonomischer Studien, beantworten Umfragen in der Meinungsforschung, den Politikwissenschaften und den Kommunikationswissenschaften oder geben Auskunft in der qualitativen und quantitativen Sozialforschung.

Um die Würde, die Persönlichkeit und die Gesundheit von Versuchspersonen zu schützen, ist die Forschung an Gesundheitsfragen am Menschen gesetzlich besonders reguliert. Das sogenannte «Humanforschungsgesetz» (HFG) umfasst jegliche «Forschung zu Krankheiten des Men­schen sowie zu Aufbau und Funktion des menschlichen Körpers», die mit lebenden oder toten Personen, mit Embryonen und Föten in vivo, mit biologischem Material und mit gesundheitsbezogenen Personendaten durchgeführt wird [3]. Hierbei gilt, dass die gleiche wissenschaftliche Qualität und Integrität bei beispielsweise gesundheitsbezogenen Umfragen wie bei der Durchführung von Medikamentenstudien vorausgesetzt wird. Ausserdem braucht es für alle Forschungsprojekte, die unter das Humanforschungsgesetz fallen, eine Bewilligung [2]. Darüber hinaus darf ein Forschungsprojekt mit Menschen nur dann durchgeführt werden, wenn gleichwertige Erkenntnisse anders nicht gewonnen werden können [4]. Die Schweiz nimmt mit dieser harmonisierten sowie strengen Regulierung weltweit eine Vorreiterrolle zugunsten der involvierten Versuchspersonen ein.

Das HFG deckt somit einen Grossteil der Forschung in der Biomedizin und der biologischen Grundlagenforschung ab. Aber auch Studien in den Geistes- und Sozialwissenschaften, die sich mit menschlichen Krankheiten oder dem menschlichen Körper befassen werden darin geregelt. Andere geistes- und sozialwissenschaftliche Forschungsprojekte liegen ausserhalb des Geltungsbereiches des Humanforschungsgesetzes, wobei die Abgrenzung bisweilen schwierig sein kann [5]. Ebenfalls ausserhalb des Geltungsbereiches des Humanforschungsgesetzes ist Forschung mit anonymisierten biologischem Material, mit anonym erhobenen und anonymisierten gesundheitsbezogenen Daten sowie mit Embryonen in vitro [6], wobei Letzteres im Stammzellenforschungsgesetz gesetzlich geregelt wird [7].

Das ist ein Beitrag des Themendossiers «Forschung mit Menschen (FAQ)».

Hier geht es zur Dossierübersicht.

Referenzen

[1]

Für weitere Informationen zum Zweck des Humanforschungsgesetz siehe Kapitel 3.3. des Leitfadens «Forschung am Menschen» der SAMW (2015).: Bischofberger et al. (2015). Forschung mit Menschen. Ein Leitfaden für die Praxis. 2., überarbeitete und ans Humanforschungsgesetz angepasste Auflage. Herausgegeben von der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften. https://www.samw.ch/dam/jcr:b8576b72-4410-469f-b3c1-8b935f79b713/leitfaden_samw_forschung_menschen_2_auflage_2015.pdf

[3]

Art. 2 Abs. 1 HFG, https://www.fedlex.admin.ch/el...

[5]

Bischofberger et al. (2015). Forschung mit Menschen. Ein Leitfaden für die Praxis. Kapitel 3. 2., überarbeitete und ans Humanforschungsgesetz angepasste Auflage. Herausgegeben von der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften. https://www.samw.ch/dam/jcr:b8576b72-4410-469f-b3c1-8b935f79b713/leitfaden_samw_forschung_menschen_2_auflage_2015.pdf

[6]

Art. 2 Abs. 2 HFG, https://www.fedlex.admin.ch/el...

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Präsidium, Fundraising

Servan Grüninger ist Mitgründer und Präsident von Reatch. Er hat sein Studium mit Politikwissenschaften und Recht begonnen und mit Biostatistik und Computational Science abgeschlossen. Zurzeit doktoriert er am Institut für Mathematik der Universität Zürich in Biostatistik. Weitere Informationen: www.servangrueninger.ch.

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Team Entwicklung & Qualität und Dossierverantwortlicher "Verantwortungsvolle Tierversuche"

Jonas Füglistaler schloss einen Master in Biotechnologie an der ETH Zürich und einen zweiten in Biostatistik an der UZH ab. Seither arbeitet er im pharmazeutischen R&D im IT Bereich. Sein besonderes Interesse gilt neuen Erkenntnissen aus verschiedenen wissenschaftlichen Diziplinen, die zum Fortschritt der Medizin beitragen.

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Vize-Präsidium, Qualität & Entwicklung

Michaela Egli ist Doktorandin in Wissenschaftsphilosophie und Philosophie der Medizin an der Universtität Genf und arbeitet beim Swiss Personalized Health Network als Projektmanagerin für Ethical Legal Social Issues (ELSI).

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