Atomkraft: Nein danke! Oder ja bitte?!
Atomkraft - Nein, danke! Oder ja bitte?! Obwohl der Bundesrat 2011 beschlossen hat aus der Kernenergie auszusteigen und seine Energiestrategie 2050 dementsprechend ausgerichtet hat, dauern die politischen Debatten an. Kurz vor der Abstimmung über die Atomausstiegsinitiative der Grünen hören wir uns nochmals die Argumente der Befürworter und Gegner an.
26.10.2016
Universität Zürich, Aula
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Am 16. November 2012 wurde mit über 108'000 Unterschriften die Volksinitiative für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie bei der Bundeskanzlei eingereicht. Und am 27. November 2016 wird die Schweizer Stimmbevölkerung über die Initiative abstimmen. Zeitnah zur Abstimmung wollten wir deshalb nochmals die Argumente der Gegner und Befürworter unter die Lupe nehmen. Nach einer Einführung durch Reatch in das Thema, diskutierten an der Universität Zürich:
- Nationalrat Balthasar Glättli, Fraktionspräsident der Grünen Partei: «Heute sind wir mit der Atomenergie unsicherer unterwegs als vor Fukushima. Heute wollen die AKW Betreiber die Kraftwerke länger betreiben. Deshalb braucht es nun den geordneten Atomausstieg.»
- Kurt Lanz, Geschäftsleitung Economiesuisse: Infrastruktur & Energie/Umwelt: «Die Versorgungssicherheit ist für die Schweiz und ihre Unternehmen ein existenzieller Standortfaktor und das dürfen wir nicht aufs Spiel setzen.»
- Dr. Andreas Ulbig, Power Systems Lab ETH Zürichh & Vize-Präsident Schweizerische Energie-Stiftung: «Der geoordnete Ausstieg ist technisch machbar und schafft Planungssicherheit für die Strombranche und Netzbetreiber.»
- Prof. Dr. Horst-Michael Prasser, Laboratory of Nuclear Energy Systems der ETH Zürich: «Eine vorzeitige Ausserbetriebnahme eines Kernkraftwerks vergrössert die Umweltbelastung in der Stromproduktion. Ein weiterer Betrieb bei Sicherheitsdefiziten ist zu riskant. Deshalb darf man sich bei der Festlegung der Laufzeit nicht auf das Bauchgefühl verlassen. Die Initiative tut aber genau dies.»
Argumente der Befürworter
- Die Befürworter sehen die Atomkraftwerke als Sicherheitsrisiko. Mit fixen Laufzeiten und Abschaltdaten sorge die Initiative für einen geordneten und schrittweisen Ausstieg. Dies gebe den Unternehmen und Privaten Planungssicherheit für Investitionen in den Ausbau der erneuerbaren Energien.
- Die Initianten sind überzeugt, dass Anstrengungen für mehr Energieeffizienz sowie ein Ausbau der Produktion von Strom aus Wasser, Sonne, Wind und Biomasse den wegfallenden Atomstrom ersetzen kann.
- Die Atomkraftwerke seien nicht mehr rentabel und produzierten viel zu teuren Strom. Je früher sie abgeschaltet würden, desto weniger Verlust häuften sie an.
- Das Atommüllproblem wurde nur kurz angesprochen, aber bei einem Ausstieg würde nicht noch mehr hochradioaktiven Atommüll produziert, der teuer entsorgt werden müsse.
Argumente der Gegner
- Die Gegner bezweifelten, dass die Produktionskapazitäten für Strom aus erneuerbaren Quellen rasch genug ausgebaut werden können. Sie befürchten, dass die Versorgungssicherheit sinkt und die Abhängigkeit vom Ausland steigt. Viel Strom müsste importiert werden.
- Stromimporte würden die Umwelt belasten, weil der Importstrom hauptsächlich aus französischen Atomkraftwerken oder deutschen Kohlekraftwerken stamme. Zudem würde die Netzinfrastruktur durch den Import zusätzlich belastet.
- Stromimporte würden die Wirtschaft belasten, da der Strom teuer im Ausland eingekauft werden müsste.
- Ferner wurden die Schadenersatzforderungen der AKW Betreiber diskutiert, welche bei einem politisch verfügten Stopp vor dem Ende der technischen Lebensdauer der AKW beim Bund gestellt werden können. Dies belastet laut den Gegnern unnötig das Budget des Bundes respektive der Steuerzahler.
Die Umfrage vor und nach der Debatte an unserer Veranstaltung zeigte, dass unsere Gäste das Publikum noch massgeblich beeinflussen konnte. Vor allem die Gegner konnten mit ihren schlagkräftigen Argumenten das Publikum davon überzeugen, dass kein Ausstieg besser ist und sogar neue Kraftwerke gebaut werden sollen. Aber auch die Befürworter der Atomausstiegsinitiative konnten unser Publikum offensichtlich überzeugen, denn die Zahl der Ausstiegsbefürworter stieg auf 40% an. Viele der Anwesenden waren jedoch auch der Meinung, dass man zwar den Neubau von AKW's verbieten sollte, aber kein festes Ausstiegsdatum festlegen sollte, wobei deren Anteil erheblich schrumpfte.
An dieser Veranstaltung kamen Redner aus unterschiedlichen Fachrichtungen und mit unterschiedlichen Auffassungen zum Thema Atomenergie zu Wort. Damit möchte Reatch eine offene Diskussion über die Zukunft der Kernenergie in der Schweiz fördern. Dies war eine Folgeveranstaltung der Veranstaltungen “Kernenergie: Relikt der Vergangenheit oder Energieträger der Zukunft?” und “Strom aus Atom: Strahlende Zukunft oder Endstation Endlager?".
Wir danken der cogitofoundation herzlich für die finanzielle Unterstützung zur Durchführung der Veranstaltung.
Mitwirkende
Gesamtleitung
Servan Grüninger
Bettina Meyer
Moderation
Bettina Meyer & Servan Grüninger
Apéro & Saalvorbereitung
Martin Roszkowski (Leitung)
Sara von Salis
Marius Rohner
Fabienne Odermatt
Werbung & Medien
Joel Lüthi (Leitung)
Fabienne Odermatt
Abdullah Tahir
Tarik Mehmed
Anthea Alberto
Bettina Meyer
Thalia Kupferschmied
Fotografie & Film
Joel Lüthi (Leitung)
Sara von Salis