Robotic permaculture

Robotische Permakultur: Nachhaltige Landwirtschaft für die Schweiz

In der Schweiz, einem Land, das für seine Innovation bekannt ist [1], stehen wir vor einer Reihe von globalen Herausforderungen. Diese betreffen die Lebensmittelsicherheit, die Artenvielfalt und die Notwendigkeit einer nachhaltigen Landwirtschaft. Robotische Permakultur ermöglicht die automatische Schaffung von Lebensmittelwäldern auf ehemaligen Monokulturfeldern, was ein vielversprechendes Konzept für die Zukunft der Schweiz darstellt, um die gegenwärtigen Probleme der Ökosphäre zu beheben.

Dieser Text ist im Rahmen des Reatch Ideenwettbewerbs 2023 entstanden. 2023 war ein besonderes Jahr für die Schweiz: Wir feierten 175 Jahre Bundesverfassung und damit 175 Jahre Schweizer Bundesstaat. Das nahmen wir zum Anlass, um nach Ideen für die Zukunft der Schweiz zu suchen. Welche Weichen müssen wir heute stellen, damit im Jahr 2198 die Menschen mit dem gleichen Stolz auf 2023 zurückblicken, wie wir heute auf die Entwicklungen seit 1848? Eine Auswahl der eingereichten Ideen wird auf www.reatch.ch veröffentlicht.

Die Idee: Die Schweiz auf die nächsten 175 Jahre vorbereiten

Die konventionelle Landwirtschaft, die seit vielen Jahrzehnten auf Monokulturen setzt, hat in der Schweiz den Boden ausgelaugt und Pestizide sowie Düngemittel in übermäßigem Maße eingesetzt. Dies hat nicht nur zur Verschlechterung der Bodengesundheit, sondern auch zu einem Verlust der Artenvielfalt geführt. Im Gegenzug dazu bietet die Permakultur eine nachhaltige Lösung. So schafft sie es, den Boden zu regenerieren, Kohlenstoff zu binden und eine breite Palette von Nutzpflanzen hervorzubringen. Diese Permakulturen sind so gestaltet, dass sie natürlichen Ökosystemen nachempfunden sind, was ihre Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit erhöht.

Der Begriff Permakultur wurde von den Australiern Bill Mollison und David Holmgren geprägt und setzt sich aus den Wörtern "permanent" und "Agrikultur" zusammen. Das heißt, Permakultur versucht, praktikable landwirtschaftliche Systeme zu entwickeln, die eine dauerhafte Bewirtschaftung des Landes ermöglichen. Dabei basiert Permakultur auf den vielfältigen, komplexen und produktiven Wechselbeziehungen und Mustern, die in der Natur vorkommen.

Permakultur umfasst ein breites Spektrum an landwirtschaftlichen Techniken, welche seit den 1970ern auf vereinzelten Höfen weltweit entwickelt und praktiziert werden. Meist nehmen diese im Laufe der Zeit die Form eines Nahrungs- oder Lebensmittelwaldes an. Dieser ist ein waldrandähnlicher Lebensraum, welcher durch seine Diversität eine Mannigfaltigkeit an Lebewesen ernährt. Erfolgreiche Beispiele finden sich unter anderem im Auenhof [2] bei Feldbach in der Nähe von Zürich und im Krameterhof [3] in Lungau, Österreich. Da solche Landwirtschaftsformen bislang äusserst arbeitsintensiv waren, besonders verglichen mit herkömmlicher, industrieller Landnutzung, war eine Skalierung der permakulturellen Landwirtschaft bisher unmöglich.

Nun sieht die Situation jedoch anders aus: Mit dem qualitativen Sprung in den Fähigkeiten von Künstlicher Intelligenz (KI) [4] und den Fortschritten in der Robotik [5] lässt sich eine Permakultur ohne direkte menschliche Einwirkung errichten. So könnten großflächige Landschaften in hohem Tempo so umstrukturiert werden, dass sie in Zukunft nachhaltig bestehen können, um Mensch, Fauna und Flora zu fördern.

Robotik und KI sind entscheidend für skalierbare Permakultur, weil sie Präzision, Effizienz, Rund-um-die-Uhr-Betrieb, datenbasierte Entscheidungsfindung und Anpassung an wechselnde Bedingungen bieten. Roboter können Arbeitskräftemangel beheben, Ressourcen schonen und nachhaltige Praktiken umsetzen, wodurch die Schweizer Landwirtschaft zukunftsfähiger und Lebensmittel qualitativ hochwertiger werden. Auf schwere Maschinen und Fuhrpärke kann dabei weitgehend verzichtet werden.

Dieses Konzept entspricht auch dem Engagement der Schweiz für den Klimaschutz, indem es zur Kohlenstoffbindung beiträgt und so die Bemühungen, CO2-neutral zu werden, unterstützt.

Die Umsetzung

Die Entwicklung einer robotischen und automatisierten Permakultur selbst stellt keine große Hürde dar. Drohnen zur Messung weiter Flächen sind bereits kommerziell verfügbar. Algorithmen zur Pflanzenerkennung und -analyse bestehen schon seit Jahren. Multi-Terrain Roboter sind nun auch in der Lage, alle notwendigen Missionen für eine Permakultur auszuführen. Vorausgesetzt ist, dass der Einsatz der Roboterflotte automatisch, effizient, resilient, d.h anpassungsfähig und letztlich bedingt kreativ ist. Diese Bedingung ist nur mit KI zu erfüllen. Hierfür muss zuerst ein System trainiert werden, welches ausgehend von einem Datensatz aus topographischen, geologischen und biologischen Messungen eines begrenzten Landstücks ein mögliches Optimum generiert, basierend auf permakulturellen Prinzipien. In einem zweiten Schritt müssen ein übergreifender Plan und einzelne Missionen für Roboter erstellt werden, deren Umsetzung wieder automatisch geprüft wird, um sicherzustellen, dass das bewirtete Landstück der optimalen Nutzung entspricht.

Um die Funktionalität einer solchen KI zu testen, wird ein Landstück als Labor benötigt. Dort lernen Roboter, automatisch aus einer Basisstation ein- und auszutreten, Module auszutauschen, sich neu aufzuladen und letztlich ihre Umgebung maßgeblich aufzuwerten.

Zu diesem Zweck könnten Organisationen wie das Forschungsinstitut für Biologische Landwirtschaft [6] (FiBL) in Frick angefragt werden.

Die erfolgreiche Skalierung der Permakultur erfordert jedoch breitere Veränderungen auf sozialer, politischer, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Ebene.

a. Soziale Veränderungen

Aufklärung und Bildung: Bildungskampagnen können das Bewusstsein für diese Technologie schärfen und die Bevölkerung dazu inspirieren, sich an Gemeinschaftsprojekten zu beteiligen.

b. Politische Veränderungen

Förderliche Politik: Die Regierung muss die Einführung der Permakultur unterstützen, indem sie förderliche politische Rahmenbedingungen schafft und Ressourcen bereitstellt. Dies kann die Gestaltung von nachhaltigen Anreizsystemen für Landwirtinnen und Investorinnen umfassen.

c. Wirtschaftliche Veränderungen

Investitionen und Forschung: Die Finanzierung von Forschung und Entwicklung in robotischer Permakultur-Technologie ist entscheidend, um die Automatisierung und Skalierung voranzutreiben.

d. Wissenschaftliche Veränderungen

Forschung und Entwicklung: Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlerinnen, Ingenieurinnen und landwirtschaftlichen Expertinnen ist weiter notwendig.

Die Rolle der Wissenschaft

Die Wissenschaft ist maßgebend für die Entwicklung und Umsetzung der robotischen Permakultur, wobei Erkenntnisse aus verschiedenen Disziplinen herangezogen werden müssen.

a. Die Geisteswissenschaften tragen dazu bei, die soziale Dimension der Permakultur zu stärken. Die Forschung zu kollektiven Initiativen und sozialen Normen ist entscheidend, um die Beteiligung von Gemeinschaften an der Pflege von Nahrungswäldern zu fördern. Dies kann die Analyse von Gemeinschaftsstrukturen und kollektiven Entscheidungsprozessen umfassen. Sozialwissenschaftlerinnen können Empfehlungen für die Schaffung von Anreizen für lokale Gemeinschaften und Landwirtinnen entwickeln, um Zusammenarbeit bei der Umsetzung und Pflege der Permakultur zu fördern.

b. Die Naturwissenschaften, insbesondere Ökologinnen, Botanikerinnen, Bodenkundlerinnen und Ingenieurinnen spielen eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung von automatisierten Lebensmittelwäldern und der Auswahl von Pflanzenarten, die im schweizerischen Klima gedeihen. Ihre Erkenntnisse sind entscheidend für die nachhaltige Entwicklung von Biosphären. Ökologinnen können die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Arten innerhalb dieser Wälder erforschen und sicherstellen, dass die ökologische Balance aufrechterhalten wird. Botanikerinnen können Pflanzenarten identifizieren, die optimal an die schweizerischen Bedingungen angepasst sind, und Bodenkundlerinnen können zur Bodengesundheit beitragen, um das Wachstum und die Vielfalt der Pflanzen zu fördern. Ingenieurinnen sind verantwortlich für die Konzeption und den Bau von Robotersystemen, die in der Lage sind, die Landwirtschaft effizient und präzise zu automatisieren. Dabei müssen sie sicherstellen, dass die Technologie den spezifischen Anforderungen der Schweizer Landwirtschaft gerecht wird, einschließlich der Topografie, des Klimas und der landwirtschaftlichen Praktiken.

c. Die Wirtschaftswissenschaften sind wesentlich für die Skalierung der Permakultur. Sie analysieren die Ressourcenallokation, Finanzierungsoptionen und den wirtschaftlichen Nutzen. Insgesamt tragen sie dazu bei, die ökonomische Tragfähigkeit und Umsetzbarkeit der robotischen Permakultur zu bewerten und sicherzustellen.

Beteiligte Akteure

a. ETH/Universitäten/Forschungsinstitutionen

Die Unterstützung durch die Bildungs- und Forschungsinstitutionen ist grundlegend für die Entwicklung und erste Umsetzung der robotischen Permakultur.

b. Wirtschaft

Landwirtinnen und landwirtschaftliche Organisationen bringen wertvolles Fachwissen für die Gestaltung und Pflege von Nahrungswäldern ein und sollten unterstützt werden, robotische Permakultur in ihre Betriebe zu integrieren.

Industrieunternehmen sind entscheidend für die Skalierung, Schulung, Wartung und Vermarktung der robotischen Permakultur.

c. Politik

Die Unterstützung durch Regierungsbehörden ist von großer Bedeutung. Sie sollten förderliche politische Rahmenbedingungen und Anreize schaffen, finanzielle Unterstützung gewährleisten und Ressourcen für Forschung und Entwicklung bereitstellen, um Permakultur zu fördern.

Fazit

Die robotische Permakultur bietet der Schweiz innovative Lösungen für die drängenden Probleme der Lebensmittelsicherheit, der Artenvielfalt und der nachhaltigen Landwirtschaft. Um diese Zukunftsvision zu realisieren, sind sukzessive Veränderungen in der Landwirtschaft erforderlich. Methoden, Bewirtschaftung, Landschaftsbild und die Arbeit von Bäuerinnen verändern sich. Dafür müssen neue Anreize und Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Quellenverzeichnis

[1]

World Intellectual Property Organization (WIPO) (2022). Global Innovation Index 2022: What is the future of innovation-driven growth? Geneva: WIPO. DOI 10.34667/tind.46596

[2]

Permakultur Auenhof, Feldbach, Schweiz, https://permakultur-auenhof.ch/, zuletzt besucht 15.10.2023

[3]

Krameterhof, Lungau, Österreich

https://krameterhof.at/, zuletzt besucht 15.10.2023

[4]

KI: Lokale neuronale Netze zum selber tainieren:
https://huggingface.co/, zuletzt besucht 13.10.2023

[5]

Henry A.M. Williams, Mark H. Jones et al., Robotic kiwifruit harvesting using machine vision, convolutional neural networks, and robotic arms, Biosystems Engineering Volume 181, May 2019, Pages 140-156

[6]

Forschungsintitut für Biologische Landwirtschaft (FiBL)
https://www.fibl.org/de/, zuletzt besucht 15.10.2023

Autor*innen

Yarik Kuznetsov ist ein ausdrücklich neugieriger und engagierter Mensch, mit einem grossen Bedürfnis die Welt zu verbessern. Durch Jahre an (Selbst-) Forschung ist er zur Erkenntnis der Notwendigkeit der nachhaltigen Landwirtschaft für eine lebenswerte Zukunft gelangt. Die Skalierbarkeit der nachhaltigen Landwirtschaft hat er sich als Ziel gesetzt und dafür Yarilo - Robotic Permaculture gegründet. Er verfolgt dies neben seinem Studium als Elektroingenieur an der ETH Zürich und seiner Tätigkeit als Sekundarschullehrer in Basel.

Die Beiträge auf dem Reatch-Blog geben die persönliche Meinung der Autor*innen wieder und entsprechen nicht zwingend derjenigen von Reatch oder seiner Mitglieder.

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