Planetary health diet

Planetary Health Diet - gesund essen für uns und unseren Planeten

Wie wir uns ernähren, ist nicht nur wichtig für unsere Gesundheit, sondern auch für die Gesundheit unseres Planeten. Ein von Experten entwickelter Speiseplan - die „Planetary Health Diet“ - soll dies erreichen. Wie sehr weicht die Durchschnittsschweizer:in davon ab? Und was können wir tun damit wir und die Umwelt gesünder werden?

Nahrungsmittelknappheit ist uns in der heutigen Schweiz nicht bekannt. Viele Länder des globalen Süden sind davon allerdings immer öfter betroffen. Extremwettereignisse in Folge des Klimawandel sind dabei die zweithäufigste Ursache. Aber auch die Schweiz ist vor zunehmenden Ernteausfällen nicht geschützt: Dürre, Hagel und Überschwemmungen werden auch hier durch den Klimawandel immer häufiger und bereiten den Schweizer Landwirten mehr und mehr Sorgen. Die Konsument:in bekommt davon meist wenig mit, denn Ernteausfälle werden in der reichen Schweiz oft einfach durch Importe kompensiert. Bedingt durch den fortschreitenden Klimawandel und die Zunahme der Weltbevölkerung auf die prognostizierten 10 Mrd. Menschen, könnte sich diese Ungerechtigkeit noch weiter verschärfen, sowie auch die Ernährungssicherheit in der Schweiz gefährden.

Eine schlichte Intensivierung und Ausweitung der Lebensmittelherstellung, wie sie zurzeit betrieben wird, ist laut Expert:innen keine Lösung und würde die Gesundheit unseres Planeten weiter gefährden. Schon jetzt hat diese Strategie vielerorts zur Verarmung der Böden und zum Rückgang der Biodiversität geführt. Darüber hinaus macht die Lebensmittelherstellung heute bereits ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen aus, von denen 70 % auf den Landwirtschaftssektor entfallen. Was ist die Lösung?

Wie können wir es schaffen, unseren Planeten zu erhalten und gleichzeitig alle Menschen satt zu bekommen?

In 2019 hat dieEAT-Lancet Kommission aus 37 Experten aus 16 Nationen mit Expertise in unter anderem nachhaltiger Entwicklung, Ernährungs-, Agrar-, Politik- und Umweltwissenschaften eine Lösung vorgestellt. Sie zeigt, wie unsere Ernährung aussehen müsste, um eine Weltbevölkerung von 10 Milliarden Menschen gesund und nachhaltig zu ernähren und dabei die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu erreichen. Ihre Empfehlung basiert dabei auf wissenschaftlichen Erkenntnissen zu dem Effekt auf die Gesundheit unseres Planten durch den Anbau verschiedener Nahrungsmittel.

Die von den Forschenden ausgearbeitete Planetary Health Diet (PHD) basiert hauptsächlich auf pflanzlichen Nahrungsmitteln, die im Vergleich zu tierischen Produkten die Umwelt durch einen geringeren Verbrauch von Wasser und Fläche sowie geringerem Treibhausgas-Ausstoss weniger belasten. Der Konsum von tierischen Erzeugnissen wie Milch oder Fleisch ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, aber die PHD propagiert eine Ernährungsweise, bei der - vor allem rotes Fleisch - nur selten auf dem Teller landet.

Wie ernährt sich die Durchschnittsschweizer:in im Vergleich zur PHD?
Um die Ernährungsweise der Durchschnittsschweizer:in mit der PHD zu vergleichen, wurden Daten zum angenäherten Verzehr aus dem Schweizer Ernährungsbulletin 2023 des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) genutzt.

Abbildung 1: Anteil verschiedener Lebensmittel an der Planetary Health Diet im Vergleich zum Speiseplan der Durchschnittsschweizer:in. Die Daten stammen aus dem Schweizer Ernährungsbulletin 2023 und basieren auf Daten zum angenäherten Verzehr (Verbrauch = Inlandsproduktion – Export + Import - Vorratsveränderung) von 2020/2021, erhoben und aufbereitet durch den Schweizer Bauernverband/ Agristat .

Die Daten zeigen, dass die Schweizer Bevölkerung gerade bei tierischen Produkten stark nach oben von der PHD abweicht. Bei Milchprodukten wird das 1,8-fache und bei Rindfleisch sogar das 6-fache davon konsumiert, was laut PHD für die Gesundheit von uns und unserem Planeten gut wäre. Im Kontrast sollte die Durchschnittsschweizer:in bei Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen ruhig mehr zugreifen. Selbst wenn man nicht die PHD als Vergleichswert nutzt, sondern die Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung, zeigt sich, dass unter anderem der derzeitige Konsum von Fleisch sowie Zucker darüber liegt. Beides Lebensmittel, die bei hohem Konsum nachweislich negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben können. Ein Vergleich der Ernährungsdaten über die letzte 15 Jahre zeigt allerdings bereits eine Annäherung an die PHD: Der Konsum von Milchprodukten und Fleisch nahm (leicht) ab, im Gegenzug nahm der Konsum von Hülsenfrüchten zu. Die Durchschnittschweizer:in ändert ihren Speiseplan also bereits in langsamen Schritten. Für eine effektive Transformation zur Verhinderung von weiterem Biodiversitätsverlust und Abbremsung des Klimawandels ist dies aber wohl nicht schnell genug.

Was würde eine Ernährungsumstellung konkret für die Umwelt bedeuten?

Wie gross die Auswirkungen unterschiedlicher Ernährungsweisen sind, zeigte kürzlich eine Studie aus Grossbritannien. Das Forscherteam aus Oxford unterteilte über 55.000 Studienteilnehmende anhand eines Fragebogens zu ihrem Lebensmittelkonsum in „viel Fleisch“ (mehr als 100 g pro Tag), „wenig Fleisch“ (weniger als 50 g pro Tag), Fisch-Esser, Vegetarier:innen und Veganer:innen. Für diese Gruppen berechneten die Forscher den Treibhausgasausstoss (CO2 , Stickoxid (N2O) und Methan (CH4)), Wasserverbrauch, benötigte landwirtschaftliche Fläche und Einfluss auf die Biodiversität in Bezug auf ihre Ernährungsweise. Die Durchschnittsschweizer:in konsumiert über 100 g Fleisch pro Tag und gehört somit zur Gruppe der „viel Fleischesser“. Laut den Oxforder Forschenden würde eine Ernährungsumstellung von viel auf wenig Fleisch (wie in der PHD) fast zu einer Halbierung des persönlichen lebensmittelbedingten Treibhausgasausstosses und der benötigten landwirtschaftlichen Fläche führen. Generell konnten die Wissenschaftler:innen einen Zusammenhang zwischen dem Konsum tierischer Lebensmittel und dem Treibhausgasausstoss, der landwirtschaftlichen Fläche, dem Wasserverbrauch und der Biodiversität finden. Durch einen kompletten Verzicht auf tierische Lebensmittel würde die Durchschnittsschweizer:in nur ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche und die Hälfte des Wassers für die Lebensmittelerzeugung benötigen, sowie den Verlust der Biodiversität sowie den Treibhausgasausstoss stark eindämmen (Abbildung 2).

Abbildung 2: Eine Reduktion des Fleischkonsums hat einen starken Effekt auf unsere Umwelt. Vergleich des Einflusses der Ernährungsweise auf CO2 Ausstoss, Fläche, Biodiversitätsverlust und Wasserverbrauch in Relation zur ‘Viel Fleisch’ Gruppe (100%). Abbildung basiert auf Daten aus Scarborough et al. 2023 Nature Food.

Was würde eine Ernährungsumstellung konkret für die Gesundheit der Menschen bedeuten?

Eine aktuelle Studie hat Ernährungsdaten, die über einen Zeitraum von über 30 Jahren aufgenommen wurden, analysiert. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine PHD-nahe Ernährung das Risiko an Krebs, Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und neurodegenerativen Erkrankungen zu sterben verringert. Generell ist bei Studien zum Effekt von Ernährung auf die Gesundheit allerdings Vorsicht geboten. Meistens lässt sich nicht ausschliessen, dass Teilnehmende, die sich gesund ernähren, nicht auch allgemein einen gesünderen Lebensstil frönen, der zum beobachteten Effekt beiträgt. Trotz dieses Kritikpunkts kam die Eidgenössische Ernährungskommission bereits in ihrer Stellungnahme 2014 zu dem Urteil, dass für den Konsum von roten und verarbeiteten Fleisch gesundheitlich negative Langzeitwirkungen – wie kardiovaskuläre Erkrankungen und Diabetes – angenommen werden müssen. Sie empfiehlt daher offiziell den Fleisch-Konsum einzuschränken.

Wie kann eine Umstellung auf eine gesunde und nachhaltige Ernährungsweise gelingen?

Die EAT-Kommission hat 5 Punkte erarbeitet, um unser Ernährungssystem erfolgreich zu transformieren.

Als Erstes muss eine Umstellung des Speiseplans angestrebt werden. Ernährungsgewohnheiten zu ändern kann oft schwerfallen, doch Menschen können auf verschiedene Weise gezielt dazu ermutigt werden, sich gesünder und nachhaltiger zu ernähren. Dazu gehört ein besserer Zugang zu bezahlbaren gesunden Nahrungsmitteln, z.B. auch in Kantinen. Dies sind Ziele, die der Aktionsplan der Schweizer Ernährungsstrategie des Eidgenössischen Departments des Innern und des BLVs mit der EAT-Kommission teilen. Darüber hinaus müssen auch die Umweltkosten, die bei der Lebensmittelerzeugung entstehen, im Preis widergespiegelt und auf dem Produkt für Konsumierende gekennzeichnet werden. Werbeeinschränkungen oder eine zusätzliche Steuer, wie sie bereits für Tabakprodukte gelten, könnten auch für ungesunde und „klimaschädliche“ Lebensmittel eingeführt werden, gemeinsam mit einer generellen Aufklärung der Bevölkerung in Bezug auf Nachhaltigkeit von Lebensmitteln.

Nicht nur was wir essen, hat einen Einfluss auf unseren Planeten, sondern auch wie es produziert wird. Punkt 2 und 3 befassen sich daher mit dem Anbau unserer Lebensmittel. Um die Biodiversität zu fördern, sollte eine größere Vielfalt an gesunden Nahrungsmitteln angebaut werden, die direkt vom Menschen konsumiert werden, anstelle von einigen wenigen Arten, die überwiegend als Futtermittel für die Viehzucht dienen. Eine Intensivierung der Landwirtschaft sollte nachhaltiger geschehen, z.B. durch Verbesserung von Düngemitteln und effizienter Nutzung von Wasserressourcen. In der Schweiz gibt es hier noch Raum zur Verbesserung: Laut eines Berichts des BAFUs und BLWs von 2016 wurde „keines der Umweltziele Landwirtschaft vollumfänglich und landesweit erreicht“. Wobei gerade die Biodiversität schädigende erhöhte Stickstoff- und Phosphor- Werte regelmässig für Schlagzeilen sorgen. Somit tragen nicht nur die Konsument:innen eine Verantwortung, sondern auch die Produzenten müssen in die Pflicht genommen werden damit unser Ernährungssystem nachhaltiger wird.

25 % der Umweltbelastung unseres Ernährungssystems ist auf vermeidbare Lebensmittelverschwendung zurückzuführen. In der Schweiz werden jedes Jahr 2,8 Mio. Tonnen an Lebensmitteln weggeworfen (330 kg pro Person), davon geschätzt 28 % allein in Haushalten. Für eine erfolgreiche Transformation hin zu einem nachhaltigen Ernährungssystem sieht die EAT-Kommission daher als 5. Punkt eine starke Reduktion der Lebensmittelverschwendung auf allen Ebenen der Versorgungskette vor. Dafür können Verpackungen optimiert und Lieferwege verkürzt werden, um die Haltbarkeit von Lebensmitteln zu verbessern. Unverkaufte Lebensmittel sollten gespendet werden, statt sie wegzuwerfen, wie es in Frankreich seit 2016 für grosse Supermärkte verpflichtend ist. Der Schweizer Bundesrat verabschiedete 2022 einen Aktionsplan, der vorsieht, bis 2030 die Menge der vermeidbaren Lebensmittelverluste im Vergleich zu 2017 zu halbieren (von 2,8 Mio. auf 1,4 Mio. Tonnen). Zu den Massnahmen gehören – wie auch von der EAT-Kommission vorgeschlagen – die Verbesserung der Deklarierung von Haltbarkeit auf Endprodukten und die Optimierung von Verpackung und Verpackungsgrösse.

Die Transformation ist ein schwieriges Unterfangen mit Beteiligten auf allen Ebenen.

Insgesamt gibt es von Seiten der Schweizer Politik Bemühungen unser Ernährungssystem zu transformieren und nachhaltiger zu gestalten, allerdings scheinen diese Bemühungen bis jetzt nur mässigen Erfolg zu haben. Die EAT-Kommission räumt ein, dass die Transformation unseres Nahrungsmittelsystems ein komplexer Prozess ist, der auf multiplen Ebenen und über multiple Sektoren hinweg stattfinden muss und sich dabei an wissenschaftlichen, messbaren Zielen orientiert. Für solch eine erfolgreiche Transformation ist ein politischer Wille sowie die Aufklärung und Akzeptanz der Bevölkerung nötig. Einen Leitfaden für die Schweiz hat das wissenschaftliche Gremium „Ernährungszukunft Schweiz“ bereits erarbeitet. Jetzt fehlt „nur“ noch die konsequente Umsetzung der Massnahmen, um eine gesunde Bevölkerung und eine gesündere Umwelt in der Schweiz und weltweit sicherzustellen.

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Elisabeth ist Teil des Reatch Blog-Teams und setzt sich für den Austausch zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik ein.

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