Reatching into the Rabbit Hole: Gesellschaftlicher Spaltung entgegenwirken
Wir schreiben das Jahr 2042, das Pariser Klimaziel ist endgültig gescheitert. Die Schweiz findet sich in einer paradoxen Lähmung wieder, tief gespalten in zwei Lager mit widersprüchlichen Lösungsansätzen gegen den Klimawandel. Die Konsequenzen einer Nichteinigung sind verheerend. Kann das Steuer noch herumgerissen werden? Können die Gruppen einen bahnbrechenden Kompromiss ausarbeiten?
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Gesellschaftlicher Spaltung entgegenwirken
Zürich im April 2042. Die Schweiz steht vor einem Scherbenhaufen. Letzte Woche hatte der Weltklimarat den aktuellen Jahresbericht publiziert, mit vernichtender Bilanz: Das Pariser Klimaziel ist endgültig gescheitert. Im Schnitt über die letzten 20 Jahre war die Temperatur 2.1 °C höher als im vorindustriellen Zeitalter. Schweizweit sorgen diese Zahlen für Aufruhr. Mensch ist sich einig, es hätten längst griffige Massnahmen ergriffen werden müssen. Doch welche nur? «Sofortige Klimaneutralität um jeden Preis», rufen die einen. «Das ruiniert unsere Wirtschaft», kontern die anderen, «wir müssen auf Innovationskraft des Marktes setzen!» Linke Extremisten fordern gar einen Ausstieg aus dem Kapitalismus.
In den letzten Jahrzehnten hatte sich der politische Diskurs aufgeheizt. Griffige Klimamassnahmen seien durch konservative Kräfte sabotiert worden, klagen die Linken. Bürgerliche wehren sich: Linksgrüne Ideologiepolitik habe in den letzten Jahren bereits zu viel Schaden angerichtet in der Volkswirtschaft. So könne es nicht weitergehen! Wütende Demos treffen auf gewaltvolle Gegendemos, die Stimmung gerät ausser Kontrolle. Aktivisten in grünen Leuchtwesten besetzen Tankstellen im ganzen Land und fordern eine Verdoppelung der Treibstoffsteuern und ein Verbot fossiler Brennstoffe in zehn Jahren. Räumungsversuche der Behörden verlaufen im Leeren, die Aufmüpfigen drohen mit einem Dieselinferno, falls die Politik nicht auf ihre Forderungen eingehen.
Prompt folgt die Reaktion des liberalen Lagers: Ihrerseits ausgestattet mit gelben Westen, errichten sie an Bushaltestellen und auf Bahnübergängen mobile Tankanlagen und legen damit den öffentlichen Verkehr gänzlich lahm. Auch sammeln sie Unterschriften im Rekordtempo: Die CO2-Steuer sowie jegliche Subventionen für nachhaltiges Heizen und Reisen sollen mit sofortiger Wirkung abgeschafft werden. Diese übertriebenen politischen Eingriffe in die Wirtschaft seien der Grund für das politische Versagen, da sie jegliche eigene Innovationskraft verhinderten. Extremisten der neuen Rechten fordern gar eine komplette Liberalisierung der Gesellschaft nach amerikanischem Modell. Obwohl nur von einem kleinen gewaltbereiten Kern angeführt, schaffen sie es, Zehntausende für sich zu mobilisieren und durch gezielte Sabotageaktionen die Sicherheit und Ordnung der Bevölkerung zu stören. Prompt werden sie vom Nachrichtendienst des Bundes als Gefährdung eingestuft. Durch polizeiliche Spezialeinheiten können mehrere Anschläge auf Wasserkraftwerke und Forschungseinrichtungen nur knapp vereitelt werden. Die Objekte werden fortan vom Militär geschützt. Militante Umweltaktivisten sind erfolgreicher: Sprengungen des sich im Rohbau befindenden Gaskraftwerks Töss-2 werfen die Inbetriebnahme um Jahre zurück – und bringen damit die Versorgungssicherheit auf Messers Schneide.
Auch international steigt der Druck auf die Schweiz. Die EU – als Vorreiterin seit drei Jahren klimaneutral – droht mit Sanktionen, sollte sie nicht bald Erfolge vorweisen können. Inmitten dieser Turbulenzen findet sich ein handlungsunfähiger Bundesrat wieder: gelähmt durch die verschiedenen widersprüchlichen Forderungen. Er steht vor der Herkulesaufgabe, eine Klimapolitik zu etablieren, die sowohl den weit fortgeschrittenen Klimawandel bremst als auch die scheinbar unüberwindbare Kluft zwischen den politischen Lagern überbrückt. Wie kann das gelingen, wenn nicht einmal die Bereitschaft besteht, die Anliegen der Gegenspieler anzuhören? Kann das Vertrauen für eine Kompromissausarbeitung wiederhergestellt werden? Sind sich die Parteien der Konsequenzen einer Nichteinigung bewusst?
Am Beispiel dieses eskalierten Zukunftsszenarios durchleuchten wir das Entstehen destruktiver Gruppendynamiken – auch erörtern wir mögliche Auswege. Den fachlichen Input erhalten wir von Lisa Katharina Frisch, Doktorandin der Sozialpsychologie am psychologischen Institut der Universität Zürich. Die Veranstaltung wird organisiert von Janosch Jörg, Loa Wild, Giorgio Ravioli und Rasmus Ischebeck. Die Räumlichkeit wird uns von der Stiftung myclimate zur Verfügung gestellt.
Sprache: Deutsch
Ort: Der Anlass findet hybrid statt – in Zürich und via Zoom (Apéro im Anschluss).
Anmeldung: über diesen Link bis spätestens 13. Juni 2022. Für Fragen zur Veranstaltung steht Janosch Jörg gerne zur Verfügung.